Nur eine Rose als Stütze

27. Feb 2024

Nur eine Rose als Stütze

Barbara Auer und Dorothee Oberlinger am Berufskolleg Olsberg

Das Forum des Berufskollegs Olsberg war am Sonntagabend des 18. Februar bis auf den letzten Platz gefüllt und Hilde Domin hätte sich gewiss gefreut, dass diese Lesung zu ihrem Werk an einer Schule stattfindet. Zur Bildung gehören, unterstrich der Schulleiter Volker Dietrich, neben der Vermittlung von Daten und Fakten ebenso kulturelle Veranstaltungen. Sie formen und prägen Menschen, das gilt auch für eine Berufsschule. Dass Lyrik Menschen verändern kann, war die unbeirrbare Zuversicht der großen Schriftstellerin Hilde Domin. Das Wort kann zur Hilfe und zur Stütze werden, manchmal reicht eine Rose, die Halt geben kann.
Barbara Auer war zum zweiten Mal zu Gast am Berufskolleg. Ihre Stimme kennt alle Nuancen der Sprache, meisterhaft variiert sie den Rhythmus, Tempus und Timbre, die Lesung wird zum Erlebnis. Nicht zufällig ist die Schauspielerin auch für ihre Lesungen geschätzt wie bekannt und in ganz Deutschland ständig angefragt. Worte und Bilder werden in ihrem Vortrag lebendig – Hilde Domins Gedichte werden durch sie zu Trost und Ermutigung, erinnern und mahnen, rütteln auf und fordern Wahrhaftigkeit und Widerstand. Sie sind die Ermutigung zum Dennoch, sie setzen letztlich und immer wieder auf Hoffnung und Zuversicht. Die literarische Reise durch Leben und Werk mündete in dem vielleicht berühmtesten Gedicht der Dichterin: „Abel steh auf“ – wir bekommen noch einmal eine Chance, es kann noch gut werden mit uns und der Welt.
Diese Reise durch Leben und Werk Hilde Domins wurde musikalisch begleitet von der nicht minder bekannten Blockflötistin Dorothee Oberlinger, die kongenial und variantenreich die berühmte Schauspielerin ergänzte. Die Worte der Texte wurden zu Klängen, die munter zwitschernd, fröhlich aufspielend, nachdenklich versonnen und oft genug auch überraschend die Texte interpretierten. Die Spannbreite reichte von der mittelalterlichen Musik bis hin zu Kompositionen der Gegenwart. Die Universitätsprofessorin Oberlinger hat sich große Meriten erworben um die Erforschung der mittelalterlichen Musik wie auch durch ihre Beschäftigung mit gegenwärtigen Kompositionen. Das Publikum hat davon profitiert.
Den Abschluss und auch die Krönung der gesamten Veranstaltung bildete zusammen mit dem Abel- Gedicht ein Werk von Luciano Berio, in dem alle Facetten des Lebens und Werkes Hilde Domins noch einmal aufleuchteten und in ein aufregendes Zusammenspiel gebracht wurde. Ein Jahr hatte die Virtuosin an der Komposition gearbeitet, bis sie es mit jener Perfektion spielen konnte, die alle Tücken und Schwierigkeiten vergessen ließ. Die Zuhörerinnen und Zuhörer verfolgten es mit spürbarer Spannung.
Letztlich war es dieses Wechselspiel der beiden großartigen Künstlerinnen, welches die Lesung zu einem einmaligen Erlebnis werden ließen. Das Publikum quittierte es mit einem langanhaltenden Applaus und stehenden Ovationen. Das Berufskolleg Olsberg hat damit wieder einmal bewiesen, dass es auch ein Ort herausragender Kulturereignisse ist und dass Bildung das ganze Leben umfasst.

Lesung Auer Oberlinger 2
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